49er Story: Niklas Klinke

Sommerzugang vom VfL Bochum hat "schnell gemerkt, dass es in Gievenbeck passt"
Artikel vom 12. November 2025
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Von Thomas Austermann
Ein paar Kopfschmerzen dürfte es im Vorfeld der Serie gegeben haben, jedenfalls bezogen auf diese Position. Weil die Linksverteidiger Fredde Schulte und Julian Conze den Sportpark verließen, gab es Bedarf für einen nicht eben leicht zu findenden Ersatz auf der linken Schiene. Da passte es gut, dass Niklas Klinkes Spielerberater, der auch Gentrit Muja betreut und um die speziellen Gievenbecker Rahmenbedingungen weiß, den Vorschlag auf den Tisch legte, doch mal im münsterischen Stadtteil anzufragen. „Ich hab‘ ein Probetraining gemacht und schnell gemerkt, dass es passen könnte“, erinnert sich der Verteidiger aus dem Jahrgang 2006. „Das lief total vielversprechend, ich habe mich auf Anhieb richtig gut aufgenommen gefühlt. Ich hatte das Gefühl, dass der Zusammenhalt hier groß geschrieben wird.“ Die Entscheidung musste gut überlegt sein, schließlich war der Wechsel in den Seniorenbereich zu vollziehen für den in Selm lebenden Schüler, der sich nach vier Juniorenjahren beim VfL Bochum aus dem Talentwerk des Revierclubs verabschiedete.
Klinke wurde natürlich konfrontiert mit der These, der Weg von Bochum zum FCG mute als Rückschritt an. „Das ist er eben nicht für mich! Ich bin total gerne hier, lerne sehr viel von den erfahreneren Mitspielern und werde von den Trainern bestens eingebunden.“ Der gesamte Apparat sei „besser getaktet, als ich das bisher woanders kennengelernt habe.“ Rund eine Dreiviertelstunde braucht Klinke von Selm nach Münster. Oft gabelt er Keeper Max Büscher auf, der in Nordkirchen auf der „Hochschule für Finanzen Nordrhein-Westfalen“ studiert. Die beiden kennen sich aus den Zeiten des DFB-Stützpunktes, als dieser noch bei Fortuna Seppenrade angedockt war. Der ganz junge Klinke spielte daheim bei der SG Selm, bevor ihn der größere VfB Waltrop lockte und dann der noch größere FC Schalke 04. Die Gelsenkirchener aber stützten den Youngster nicht, nachdem der sich bei einem Hallenwettbewerb eine Knieverletzung zuzog und vier Monate raus war. „Ich musste gehen“, erinnert sich Klinke an die ihn zusätzlich innerlich verletzende Ansage. Zurück in Waltrop aber öffnete sich nach einem letzten VfB-Jahr die nächste Tür. „In einem der letzten Spiele vor der Corona-Pause haben wir 1:7 gegen Bochum verloren – trotzdem fragte der VfL an.“ Zum zweiten Mal inzwischen. Vater Klinke, der als Handballer aktiv war und die sportlichen Ambitionen nachvollziehen konnte, und Mutter Klinke gaben ihr Einverständnis. Der Sohnemann pendelte fortan vom Elternhaus zu den Sportlertreffpunkten „anne“ Castroper oder „anne“ Hiltroper, wie es so schön heißt. „Es gab den Fahrdienst für unsereins. Ich hatte meine Schulsachen dabei, Bücher, I-Pad und Vokabelheft. Das mit dem Lernen ging ganz gut.“ Darin entwickelte Klinke ebenso Ehrgeiz wie auf dem Platz. Im Einsatz auf demselben war er 21 Mal für die U 17 und 20 Mal für die U 19. Klinke ist ehrlich im Rückblick: „Im letzten Jahr gab es meistens nur ein paar Minuten Spielzeit für mich.“ Also wurden neue Pläne entworfen.
Alternativen zum FCG gab es, aber die Wahl fiel eben auf die 49er. Hier saugte der Neue, der sofort für die diese eine Stelle vorgesehen war, schnell alles auf. Und er etablierte sich tatsächlich binnen kurzer Zeit als physisch starker und dynamischer Typ, der hellwach keinen Zweikampf scheut, die Vorwärtsverteidigung beherrscht und seine Pässe mit viel Druck anbringt. „Ich gucke mir genau an, mit wem ich wie zusammenspielen kann, wie wer tickt und welche Bälle er braucht. Ich muss die Mitspieler kennen. Das klappt immer besser. Ich kann mich schnell akklimatisieren. Es wurde mir auch leicht gemacht.“
Dass der Seniorenbereich für ihn Neuland ist, scheint der Zuschauer kaum zu bemerken. „Niklas trifft viele richtige Entscheidungen“, freut sich Trainer Steffen Büchter, der sicher ist, „den jungen Mann noch weiterentwickeln zu können.“ Die Nummer 19 wurde am 3. November erst 19 Jahre alt, das darf niemand vergessen. Im nächsten Frühjahr macht er sein Abi am Lippe-Berufskolleg Lünen, Schwerpunkte Wirtschaft und Verwaltung. Und dann? „Ich lasse alles auf mich zukommen. Dass ich gerne irgendwann noch höherklassiger spielen würde, ist kein Geheimnis.“ Einige seiner Ex-Mitspieler sind im VfL-Zweitligakader unterwegs, solche Beispiele kennt Klinke auch. Er weiß aber auch abzuwägen zwischen den (Lebens-) Perspektiven. Das wird schon im Elternhaus gelebt. „Ich könnte mir auch vorstellen, Lehrer zu wer- den.“ Praktika in Grundschulen hat Klinke schon absolvierte und „das hat mir immer großen Spaß gemacht. Nur wenn ich den spüre, kann ich mich voll engagieren.“
#ZUSAMMENFCG
