49er Story: Tom Gerbig

49er Story: Tom Gerbig

Die Erste 17.06.2022

Nach 22 Jahren FCG beendet der 28-jährige aus gesundheitlichen Gründen seine Karriere

Von Thomas Austermann

Man soll ja niemals „nie“ sagen. Tom Gerbig aber macht genau das. Er hat sich dazu entschieden, nie wieder Fußball zu spielen. Nicht mehr in Gievenbeck bei seinem Club und auch sonst nirgends. Der 28-jährige Außenverteidiger zieht nach langem Überlegen und so, wie es ihm innewohnt, den Schlussstrich. Aus gesundheitlichen Gründen. Nach 22 Jahren und sechs Monaten. Der aus dem Kreuzviertel stammende Gerbig hat seit seinem Vereinseintritt am 1. Januar 2000 nicht einmal für einen anderen Verein gekickt. „Jahr für Jahr hab‘ ich mir Hoffnungen gemacht, endlich eine Spielzeit ohne Verletzungen erleben zu können. Mir wurden hier immer wieder Freiräume zugebilligt, dabei zu bleiben und es zu versuchen. Aber ich weiß selbst nicht, wann genau ich zuletzt eine Saison ohne Blessuren erlebt habe“, sagt der 1,86 m große und athletische Kerl, dessen Trikotnummer 8 viel zu selten im Spielberichtsbogen erfasst wurde.

In seiner Vita stehen Fußball-Anfänge in der Kreuzschule mit AG-Leiter „Lüde“ Wielers, Aufstiege mit den B-Junioren in die Landesliga, mit den A-Junioren in die Westfalenliga, mit der Zweiten in die Bezirksliga und der Ersten in die Oberliga. Abstiege hat er auch erlebt, das gehört dazu. Leider gehörte etwas in der Schwere der Auswirkungen eher Untypisches auch zu seinem sportlichen Lebenslauf. Immer wieder zog er sich Faserrisse in der hinteren Oberschenkelmuskulatur zu. „Und links ist es inzwischen chronisch“, weiß er vom Narbengewebe. Hüftoperationen und Bänderrisse hat er auch erlitten, aber die wiederkehrenden Oberschenkelprobleme sind und waren auch von keinem Arzt in den Griff zu bekommen. „In der Summe ist es schon unübersichtlich, wie oft ich mich hier verletzt habe.“

Gerbig ist ein überaus nachdenklich reflektierender Mensch, der Mittel und Wege suchte, irgendwie an den erforderlichen Fitnesslevel zu kommen. Zu Oberligazeiten melde er sich bei Five Home Fitness an, bekam Rat und fand auch zur Meditation. Bestimmte Atemübungen „habe ich erlernt und die helfen mir immer noch total, mich zu beruhigen. Das tut mir gut.“ Die nächsten Rückschläge gab es trotzdem. „Ich habe mich sehr lange dagegen gewehrt, dass diese Rückschläge Einfluss nehmen auf meine Einstellung zum Sport und zum Leben. Ich lebte wirklich lange damit.“ Moralisch vermied er mithin, „in eine böse Abwärtsspirale“ zu gelangen. Seit dem Sprung in die Erste zu Trainer Bennie Heeke, der Gerbig auch in diversen Jugendmannschaften coachte, also seit Mitte 2014, sammelte er 56 Westfalenliga- und 15 Oberligaeinsätze. An der Linie war er zuhause, da powerte er durchgehend, sprintete los und ging keinem Zweikampf aus dem Weg. Er hat immer alles rein geworfen. „Ich habe trotz der ganzen Geschichten immer sehr gerne in der Kabine gesessen, trainiert und gespielt, wenn das denn ging. Ich hatte wirklich großen Spaß hier und das lag an der Qualität der Kontakte, die sich innerhalb des Kaders immer wieder ergeben haben. Das schweißt zusammen.“ Wer miteinander auf dem Platz stehe, der gehe „ehrlich und emotional“ in dieses gemeinschaftliche Erleben. „Und das macht es so wichtig für mich.“ Dass er beim FCG auf einer Top-Anlage den richtigen Rahmen mit den richtigen Typen fand, kommt hinzu. „Das passende Umfeld war immer gegeben.“ Es liegt auf der Hand, dass Gerbig höchst ungern den Schritt machte, um sich in der Kabine dem Kader gegenüber zu erklären. Trainer Florian Reckels wusste von seinem Entschluss, das ist klar. „Der Abschied wird ein Riesending für mich“, wusste Gerbig, der versprach, „auch künftig die Spiele hier zu verfolgen. Das ist selbstverständlich.“

Der frühere Klasse-Tennisspieler wird sich allein aus Fitnessgründen eine andere sportliche Betätigung suchen. „Mit dem Joggen hab‘ ich es nicht so. Mal sehen, was sonst passt.“ Trainer Reckels („Wir beide waren ständig im Austausch.“) charakterisiert Gerbig als „ganz feinen Charakter. Ein Typ, der in der Kabine und auf dem Platz wichtig ist. Jeder Trainer wünscht sich so einen Spieler.“ Zumal er kaum längerfristig „seine fußballerische Qualität zeigen durfte, ist sein Entschluss nachvollziehbar. Die Zeit war auch zermürbend für ihn. Ich hoffe, ihn noch oft am Platz wiedersehen zu können.“ Viel Zeit wird Gerbig nun in seinen Masterabschluss investieren, als Student des Wirtschaftsingenieurwesens an der TU Dortmund, wohin er durchgehend pendelt aus Münster.

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